Webosoph.de
14. Juli 2011

Internet Nutzertypologien im Überblick – Serie: Soziologie und Typologien der Web 2.0-Nutzer (Teil 4 von 7)

Typologien verdichten eine große Anzahl von Personen auf eine überschaubare Anzahl von Typen. Damit reduzieren sie die Entscheidungskomplexität in Marketing und Unternehmenskommunikation. Doch woran erkennt man eine gute Typologie, welche Onliner-Typologien gibt es und was ist von ihnen zu halten? Ein Überblick. 

Was ist eine Typologie?

Das Wort Typologie setzt sich zusammen aus griechisch τύπος (typos – das durch den Schlag Hervorgebrachte, die Gestalt, das Abbild, das Urbild, das Vorbild, das Muster) und λόγος (logos – die Lehre, die Rede, die Denkweise von etwas).

Eine Typologie ist also eine Lehre von Typen: Eine Grundgesamtheit wird durch Zusammenfassen wiederkehrender Merkmale (Gemeinsamkeiten) in voneinander unterscheidbare Abbilder unterteilt (segmentiert).

Mit Typologien wird
Entscheidungs-
komplexität reduziert.
Thomas W. Ullrich

In Marketing und Unternehmenskommunikation wird mittels Typologien versucht plakative, vorstellbare Menschentypen zu entwickeln – in der Regel unter Zuhilfenahme nicht nur demographischer und sozio-ökonomischer sondern vor allem auch psychologischer und (kauf)verhaltensbezogener Kriterien. Damit wird Entscheidungskomplexität reduziert: Eine große Anzahl von Einzelpersonen wird auf eine überschaubare Anzahl von Typen verdichtet, für die sich dann spezifische Maßnahmen entwickeln lassen.

Wie beurteilt man die Qualität einer Typologie?

Grundsätzlich lässt sich zwischen qualitativen und quantitativen Typologien unterscheiden. Qualitative Typologien basieren auf der intensiven Beschäftigung mit einer sehr kleinen Stichprobe und stellen eine Art Vortypisierung dar. Diese wird für das Marketing und die Unternehmenskommunikation jedoch erst als quantitative Typologie handhabbar: Mittels einer hinreichend großen und für die Grundgesamtheit repräsentativen Stichprobe wird die Typologie validiert und quantifiziert.

Ein Indikator für die Aussagekraft bzw. Erkenntnissicherheit einer Typologie ist aus ihren wissenschaftlichen Rahmendaten ableitbar, die als „Methodensteckbrief“ dargestellt werden. Sie sollten mindestens umfassen: die Grundgesamtheit (z. B. „deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren“), die Größe der Stichprobe (z. B. „n = 2.500“), die Erbebungsmethode (z. B. „CAPI – Computer-assisted personal interviewing“, „CATI – Computer-assisted telephone interviewing“, „CAWI – Computer aided web interviewing“) und den Zeitraum (z. B. „06-JAN-2010 bis 15-JUN-2010“). Fehlen diese Angaben teilweise oder vollständig, oder werden gar auf Nachfrage nicht herausgegeben, ist die betreffende Untersuchung wohl eher von zweifelhaftem Charakter.
Die Folgerungen und Aussagen der entwickelten Typologie sollen zudem durch die verfügbare Datenbasis jederzeit für Dritte nachvollziehbar bzw. nachrechenbar sein.

Die Relevanz für Marketing und Unternehmenskommunikation entsteht dann, wenn die identifizierten Typen auch (a) stabil sind, d. h.  über einen längeren Zeitraum absehbar vorhanden; (b) verhaltensrelevant sind, d. h. ein direkter Bezug zum (Kauf)Verhalten besteht; (c) zugänglich sind, d. h. über bekannte und nutzbare Wege in Kommunikation und Absatz erreichbar und in verkaufsorientierter Betrachtung zudem (d) wirtschaftlich relevant, d. h. hinreichend groß sind.

Was nutzen Typologien der Online-Nutzung?

Mit der Etablierung des Internets in Deutschland Mitte der 1990er Jahre, wurden erste quantitative Typologien von Internetnutzern entwickelt (vgl. ➚Scheid 1999: 24ff). Mittlerweile gibt es eine große Zahl solcher Modelle. In  Marketing und Unternehmenskommunikation sind vor allem Typologien gefragt, die sich auf die jeweils schon etablierten Segmente von Zielgruppen bzw. Anspruchsgruppen anwenden lassen. Bestehende Segmente werden also durch die Online-Nutzertypologie weiter segmentiert (vgl. Abbildung 1) und so geeignete Online-Strategien ableitbar.

Abb.1: Segmentierung von Zielgruppensegmenten mittels Onliner-Nutzertypen (Schema)

 

Dafür jedoch müssen neben der Art der Internetnutzung auch weitere demographische, sozioökonomische, psychologische und (kauf)verhaltensbezogene Daten für die einzelnen Online-Nutzertypen verfügbar sein. Eine Anforderung, die nur wenige, aufwändige Studien erfüllen. Zudem ist eine hohe Aktualität gefordert, da sich das Internet und seine Nutzung rasant entwickeln.

Ausgewählte Typologien der Internetnutzer (Onliner-Typologien)

Im Folgenden sind einige quantitative Typologien zur Internetnutzung ausgewählt, die o. g. Qualitätskriterien hinreichend entsprechen und Aussagen über die deutsche Wohnbevölkerung bzw. die Internetnutzer der deutschen Wohnbevölkerung insgesamt erlauben. Typologien einzelner Plattformen (z. B. Typologie der facebook-Nutzer, Twitter-Typen, Typologie der Wikipedianer o. ä.) wurden hier bewusst nicht berücksichtigt. In diese Auswahl aufgenommen wurden:

  1. Social Technographic Profiles (Li/Bernoff bzw. Forrester Research)
  2. Web 2.0 Nutzertypologie (Ullrich, Webosoph.de)
  3. OnlineNutzerTypologie (ARD/ZDF)
  4. Web 2.0 offensiv! (PBS AG)
  5. @facts extra – Online-Nutzertypen (SevenOne Media GmbH)
  6. Communication Networks Onliner Typologie (FOCUS Magazin Verlag)
  7. Digitale Gesellschaft (Initiative D21)

Social Technographic Profiles

Existiert seit:  2007
Aktuelle Fassung:  2010
Grundgesamtheit: deutsche Wohnbevölkerung ab 16 Jahren
Stichprobengröße: ca. 4.000
Befragungsart: Online-Befragung
Editor(en): Darlene Li; Josh Bernoff/Forrester Research
Deatilinfo: ➚forrester.com/…
Kommentar: Die Typologie der Social Technographics Profiles® wird regelmäßig von Forrester Research aktualisiert. Die Daten müssen kostenpflichtig bezogen werden. 2010 wurde der Typus der „Conversationalists“ ergänzt, der aktive Joiner beschreibt, die Statusmeldungen in online Social Networks und/oder Tweets auf Twitter posten und zwischen Creators und Critics eingeordnet werden (vgl. ➚Bernoff 2010). Da für Deutschland keine Daten verfügbar waren, wird dieser Typus untenstehend nicht gelistet. Die untenstehenden Nutzergruppen sind nicht exklusiv, d. h. jemand der z. B. Spectator ist, kann gleichzeitig Collector sein (ohne auch Joiner sein zu müssen).
Nutzertypen:

  1. Inactives (52 %): Internetnutzer, die nicht am Web 2.0 teilnehmen
  2. Spectators (38 %): Lesen Blogs, schauen sich Videos an, hören Podcasts, lesen Beiträge auf Online-Foren und Erfahrungsberichte.
  3. Joiners (21 %): Haben und Pflegen ein Profil auf einem online Social Netowork.
  4. Collectors (4 %): Abonnieren die Inhalte des Web 2.0 (z. B. RSS feed), bewerten und strukturieren Online-Inhalte – etwa durch Verschlagwortung (tagging). 
  5. Critics (12 %): Verfassen Erfahrungsberichte über Produkte/Services, kommentieren Blogs, engagieren sich in online Foren oder Wikis. 
  6. Creators (9 %): Pflegen einen eigenen Blog oder eine eigene Webseite, veröffentlichen eigene Videos, Bilder, Podcasts, Musik o. ä.

Web 2.0 Nutzertypologie

Existiert seit: 2010
Aktuelle Fassung: 2011
Grundgesamtheit: Internetnutzer der Bundesrepublik Deutschland ab 14 Jahren
Stichprobengröße: 19.339
Befragungsart: persönlich/schriftlich (Daten der Verbraucheranalyse)
Editor(en): Thomas W. Ullrich (webosoph.de)
Detailinfo: ➚webosoph.de/…
Kommentar: Die Web 2.0 Nutzertypologie ist eine vereinfachte Adaption der Social Technographics Ladder (vgl. 4.1): Die Specators und Inactives werden zu den Passiven Zuschauern zusammengefasst und die Nutzertypen der Sammler sowie der Conversationalists aus der Betrachtung ausgenommen. Mit vier Nutzertypen eine eher pragmatische Online-Typologie. Vorteilhaft dabei ist, dass die Typenbildung auf Basis der Verbraucheranalyse erfolgt, was die direkte Anwendung auf vielfältige Zielgruppen sehr einfach macht.
Nutzertypen:

  1. Die Macher (12,1 % der Internetnutzer; 5,3 Mio.): Die Macher erstellen und veröffentlichen initiativ Inhalte im Social Web. Für sie stehen expressive bis exhibitionistische Motive im Vordergrund, etwa sich selbst auszudrücken und mitzuteilen bzw. sich und ihrer Sicht der Dinge ein Forum zu schaffen. Sie betreiben Blogs,  stellen Bildern in einer Bilder-Sharing Community ein oder posten selbst erstellte Videos etc.
  2. Die Partizipativen (11,2 % der Internetnutzer; 4,9 Mio.: Sie erstellen reaktiv und partizipativ Inhalte im Web 2.0. Sie wollen im Internet vor allem an etwas Großem teilhaben, mit ihrem Beitrag dazugehören oder zu einem bestimmten Thema ihre Meinung bzw. Erfahrung teilen. Sie lesen Blogs und kommentieren diese, arbeiten an Nachschlagewerken wie Wikipedia mit oder engagieren sich in Online-Foren zu für sie wichtigen Themen.
  3. Die Sozialen (19,6 % der Internetnutzer; 8,5 Mio.: Sie sind in online Social Networks (oSN) aktiv, d. h. pflegen mindestens in einem online Social Network ein Profil. Für sie steht der soziale Kontakt mit anderen im Vordergrund der Internetnutzung. Im Schnitt nutzt ein Sozialer 2,2 (➚Bader et al. 2008) bis 2,4 (➚Berg 2011) online Soziale Netzwerke.
  4. Die passiven Zuschauer (67,7 % der Internetnutzer; 29,4 Mio.: Sie konsumieren die Inhalte des Web 2.0 großteils eher zufällig und beteiligen sich in keiner Weise am Social Web. Ihre Internetnutzung ist dominiert von organisatorischen, informationsgerichteten und teilweise auch voyeuristischen Motiven.

OnlineNutzerTypologie (ONT)

Existiert seit: 2004
Aktuelle Fassung: 2008
Grundgesamtheit: deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren (mit Telefon im Haushalt)
Stichprobengröße: 1.186
Befragungsart: CATI
Editor(en): Projektgruppe ARD/ZDF-Multimedia
Detailinfo: (1) ➚ard-zdf-onlinestudie.de/… (2) ➚ard-zdf-onlinestudie.de/fileadmin/…
Kommentar: Eine fundierte Typologie, mit wenigen weiteren, schwerer zugänglichen, jedoch frei verfügbaren demografischen und Mediennutzungsdaten, die eine gewisse Segmentierung bestehender Zielgruppenmodelle ermöglichen. Die Stichprobe ist relativ gering und leider sind die Daten seit 2008 nicht weiter aktualisiert worden, was die konkrete Nutzbarkeit deutlich einschränkt.
Nutzertypen:

  1. Junge Hyperaktive (10 %; 4,3 Mio.): Sie sind mehrheitlich (74 %) unter 30 Jahre alt, überwiegend männlich (72 %) und sind Digital Natives, die mit dem Internet  aufgewachsen sind. Sie nutzen fast alle Online-Anwendungen intensiver als andere Nutzer. Das Internet ist ihr virtueller Lebensraum in dem vor allem der Online-Austausch mit anderen im Zentrum steht. Klassische Medien werden immer weniger genutzt. Sehr hoch ist das Interesse an Nachrichten, Sport, regionalen Informationen, Browserspielen, besonderen Angeboten für Jugendliche und Onlineauktionen. Sie sind experimentierfreudig, neugierig und bereit neue Angebote und Anwendung auszuprobieren.
  2. Junge Flaneure (14 %; 6 Mio.): Sie sind eher unter 30 Jahren alt (65 %) und eher weiblich und können ebenfalls zu den Digital Natives gezählt werden. Sie sind vor allem an Freizeitthemen interessiert. Sie nutzen das Netz eher pragmatisch und überwiegend für Kommunikationszwecke, haben jedoch beim Surfen recht langen Atem, wenn sie nach etwa suchen. Neuen Angeboten und Anwendungen stehen sie durchaus offen gegenüber.
  3. E-Consumer (15 %; 6,4 Mio.): Sie sind schwerpunktmäßig zwischen 30 und 39 Jahre alt und eher männlich (62 %). Bei ihnen dreht sich fast alles um  Produktinformationen, den Kauf und Verkauf von Waren auf Shopping- und Auktionsplattformen. Entsprechend haben sie eine ausgeprägte Affinität zu elektronischem Zahlungsverkehr und zum Online-Banking. Zur Schnäppchenjagd nutzen sie diverse Preissuchmaschinen und auch ihre übrigen Interessen drehen um den Konsum: Produkttestseiten, Automarkt, Versicherungen und Börsennachrichten. Auch die E-Consumer lassen sich gern auf neue Seiten und Angebote im Internet ein.
  4. Routinierte Infonutzer (14 %; 4,3 Mio.): Sie sind vorwiegend zwischen 20 und 59 Jahren alt und eher männlich (58 %). Für sie dient das Web beruflich wie privat eher als Informationsquelle für Wirtschaftsthemen, Wissenschaft, Kultur, Politik, Zeitgeschehen oder auch Serviceinformationen. Die Informationssuche orientiert sich hierbei an der Nutzung klassischer Medien. Möglichkeiten der Online-Kommunikation, des Online-Shopping und Downloads sind weniger wichtig.
  5. Selektivnutzer (20 %; 13,4 Mio.): Etwa gleichverteilt über alle Altersgruppen und eher männlich. Das Internet hat für sie keinen hohen Stellenwert. Vorwiegend wird das Netz zur Kommunikation genutzt – vor allem E-Mails und die Portalseiten der jeweiligen Provider. Ihre Webkompetenz ist ebenso, wie die Motivation sich intensiver mit dem Web zu befassen gering ausgeprägt. Die klassischen Medien haben die dominante Bedeutung.
  6. Randnutzer (26 %; 17,4 Mio.): Eher älter als 30 Jahre und überwiegend weiblich. Sie nutzen das Internet nur gelegentlich, wenn sie eine bestimmte Information oder Auskunft benötigen und stehen dem Web im Übrigen eher desinteressiert gegenüber. Sie ziehen die Alltagsinformation im Wesentlichen aus den klassischen Medien.

Web 2.0 offensiv!

Existiert seit: 2007
Aktuelle Fassung: 2007
Grundgesamtheit: Internetnutzer der deutschen Wohnbevölkerung ab 14 Jahren
Stichprobengröße: 2.000
Befragungsart: Online-Befragung
Editor(en): PBS AG (2008 Fusion mit  facit Marketing-Forschung)
Deatilinfo: (1) ➚facit-mafo.de/… (2) ➚absatzwirtschaft.de/…
Kommentar: Interessanter Segmentierungsansatz. Die Datenbasis erscheint heute jedoch weniger aktuell und die geringen verfügbaren Daten lassen eine Anwendung dieser Typologie auf bestehende Zielgruppenmodelle praktisch nicht zu.
Nutzertypen:

  1. Die Sehnsüchtigen (10 %; 4 Mio.): Kontaktsuchende Mitläufer. Sie suchen nach tiefen Beziehungen, sind eher tiefgründig und schüchtern. Mittels Internet möchten sie mehr und bessere Kontakte zu interessanten Menschen gewinnen und suchen oft schlicht nach einem Date bzw. einem geeigneten Partner.
  2. Die Denkenden (7 %; 3 Mio.): Anspruchsvolle Strategen. Planende und analytische Kopfmenschen mit vielseitigen Interessen. Sie wollen vor allem auch durch nutzergenerierte Inhalte tiefes Wissen erhalten.
  3. Die Fühlenden (5 %; 2 Mio.): Emotionale Optimisten. Bauchmenschen mit großem Interessen am sozialen Leben, die an Kontakten, Schöngeistigem und am Online-Shopping interessiert sind und deren Web 2.0 Nutzung vor allem durch ihre Lebensgefühle geprägt ist.
  4. Die Freien (20 %; 8 Mio.): Konsumorientierte Individualisten. Sie wollen dabei aber vor allem flexibel und ungebunden sein und übernehmen daher auch selten Verantwortung. Am Web 2.0 schätzen sie den Austausch mit anderen, jedoch noch weit mehr den Konsum, d. h. Online-Shopping.
  5. Die Getriebenen (16 % 6 Mio.): Informierte Realisten. Sie sind sachlich-analytische und haben hohe Ansprüche an die persönlichen Ziele und Ideale. Sie sind realitätsnah, wenig sentimental, diszipliniert bescheiden. Sport und Ernährung haben eine hohe Bedeutung. Bei der Nutzung des Web 2.0 geht es vor allem um den Gewinn nutzbarer Informationen.
  6. Die Relaxten (23%; 9 Mio.): Schlichte Unterhaltungsorientierte. Sie haben kaum  persönliche Ziele oder Ideale und wenige Interessen. „Dabei sein, aber eher passiv“, ohne intensive Beziehungen zu Familie und Freunden bestimmen ihr Lebensgefühl. Sie sind  vernünftig, prinzipientreu und wenig genussorientiert. Sie suchen im Internet vor allem Entspannung, Unterhaltung und Spiele.
  7. Die Ruhenden (10 %; 4 Mio.): Konservative Beobachter. Sie sind anspruchsvoll, leistungsorientiert, gebildet, introvertiert und souverän.  Ethische Werte sind für sie von hoher Bedeutung. Im Internet sind sie reiner Zuschauer. Sie sind an Wissen bzw. Information interessiert und zeigen ein eher traditionelles Einkaufs- und Informationsverhalten.
  8. Die Skeptiker (9 %; 4 Mio.): Bodenständige Passanten. Traditionelles Werte- und Persönlichkeitsprofil. Sie sind klar, praktisch, fair und objektiv, bodenständig und haben eher Interesse an passivem Freizeitverhalten – etwa Fernsehen. Sie sind die webfernste Zielgruppe mit geringer Internetaffinität und nur sporadischer Nutzung zur Information oder Unterhaltung.

@facts extra – Online-Nutzertypen

Existiert seit: 2002
Aktuelle Fassung: 2007
Grundgesamtheit: Internetnutzer der deutschen Wohnbevölkerung ab 14 Jahren (mit Telefon im Haushalt)
Stichprobengröße: 1.500
Befragungsart: CATI
Editor(en): SevenOne Media GmbH
Deatilinfo: ➚blog.podcast.de/files/…
Kommentar: Eine ordentliche und in den erhobenen Daten eher umfangreiche Untersuchung, die jedoch zwei Schwachstellen hat: eine relativ kleine Stichprobe und vor allem eine sehr unstetige Aktualisierung. Die Fassung von 2007 erscheint heute quantitativ eher weniger aktuell.
Nutzertypen:

  1. Multi-Interest & User generated Content (15,7 %; 5,7 Mio.): Vorwiegend  männlich, im Schnitt 40,4 Jahre alt, gut gebildet, mit gehobenem Einkommen und einem hohen Interesse an Nachrichten, Politik, Wirtschaft, Börse aber auch an nutzergenerierten Inhalten. 41,8 Prozent dieser Nutzergruppe stellen selbst Inhalte ins Netz bzw. haben dies schon einmal getan. Durchschnittliche Internetnutzung: an Werktagen 126 Minuten, am Wochenende 109 Minuten.
  2. Entertainment & Communication (12 %; 4,4 Mio.): Mit einem Frauenanteil von 63,2 Prozent eher weiblich, im Schnitt 28,8 Jahre alt, gut gebildet und sehr kommunikativ (Chat, Messaging, Foren) und in Communities engagiert. Sehr interessiert an Kino, Entertainment, Comedy, Mode & Styling sowie an Beiträgen zu Menschen, Prominenten, Stars, Zeitgeist & Lifestyle. Durchschnittliche Internetnutzung: 147 Minuten an Werktagen, 175 Minuten am Wochenende.
  3. Fun & Games (18,1 %; 6,6 Mio.): Eher männlich (68,6 %), im Schnitt 27,7 Jahre alt, unterdurchschnittlich gebildet und mit unterdurchschnittlichem Einkommen. Vor allem interessiert an Unterhaltung (Kino, Comedy, Entertainment), Sport, Auto und Online-Games. Durchschnittliche Internetnutzung: 144 Minuten an Werktagen,  171 Minuten am Wochenende – knapp über 40 % davon mit Online-Games.
  4. Music & Video (4,3 %; 1,6 Mio.): Eher männlich, im Schnitt 37 Jahre alt, mit durchschnittlichem Bildungsstand und Einkommen. Nutzt das Internet fast ausschließlich zum Ansehen, Anhören und Herunterladen von Videos, Musik und Software (v. a. Shareware bzw. Freeware). Sehr aufgeschlossen gegenüber E-Commerce-Angeboten: Gekauft werden hauptsächlich Bücher sowie CDs und DVDs. Durchschnittliche Internetnutzung: 94 Minuten an Werktagen, 84 Minuten am Wochenende.
  5. Free Time Planning (10,5 %; 3,9 Mio.): Im Schnitt 44,3 Jahre alt, gut gebildeten und besser verdienend, mit besonderem Interesse an Urlaub & Reisen, Veranstaltungen, Wetter- und Verkehrsinformationen sowie Online-Banking. Nutzt gelegentlich Online-Shopping – vor allem Bücher und Produkte zur Freizeitgestaltung (Reisen, Tickets, Hotelbuchungen). Durchschnittliche Internetnutzung: 59 Minuten an Werktagen, 43 Minuten am Wochenende.
  6. Service, Shopping & Lifestyle (17,2 %; 6,3 Mio.): Im Schnitt 42,9 Jahre alt, etwas besser verdienend und etwas weniger gebildet. Interesse an Mode & Styling, Beauty & Wellness und Lifestyle.  Nutzt das Internet vor allem für Online-Shopping – von Büchern über Kleidung, Schuhe, Schmuck, Uhren, Spielzeug bis hin zur Pauschalreise. Doch auch Auktionen, Online-Banking, Buchungen und Reservierungen werden gern genutzt. Durchschnittliche Internetnutzung: 78 Minuten an Werktagen, 74 Minuten am Wochenende.
  7. Low Interest (22,1 %; 8,1 Mio.): Im Schnitt 45,4 Jahre alt und in Bildungsstand und Einkommen leicht unterdurchschnittlich. Zeigt keine bestimmten Interessen bei der Internetnutzung. Auch E-Mails werden nur von etwa der Hälfte dieser Gruppe genutzt. Durchschnittliche Internetnutzung: 57 Minuten Werktags, 42 Minuten am Wochenende.

Communication Networks Onliner Typologie

Existiert seit: 2008
Aktuelle Fassung: 2010
Grundgesamtheit: Internetnutzer der deutschen Wohnbevölkerung zwischen 14 und 69 Jahren
Stichprobengröße: 16.036
Befragungsart: CAPI
Editor(en): FOCUS Magazin Verlag
Deatilinfo: (1) ➚medialine.de/… (2) Link auf Online Zähltool: ➚medialine.de/deu…
Kommentar: Die Typologie ist aufwändig erstellt und wird jährlich aktualisiert. Dank des Online Zähltools und der umfassenden Datenbasis der Communication Networks Studien ist die Typologie gut und leicht auf vielfältige Zielgruppensegmentierungen  anwendbar.
Nutzertypen:

  1. Web Mainstream (42 %; 18,5 Mio.): Mit durchschnittlichem Alter und  niedrigem bis mittlerem Schulabschluss. Nutzt das Internet unterdurchschnittlich ohne besondere Ausprägung. Hat eher eine skeptische Lebenseinstellung und generell wenig besondere Interessen. Gegenüber Werbung durchschnittlich, gegenüber E-Mails eher gering aufgeschlossen.
  2. Info Seeker (29 %; 12,6 Mio.): Eher männlich, etwas älter, höherer Schulabschluss und gehobenes Einkommen. Nutzt das Internet vorwiegend beruflich, privat durchschnittlich und vorwiegend zur Recherche etwa von Reisedaten, Nachrichten, Technik sowie zum Online-Banking. Er ist informationsorientiert, engagiert sich durch Spenden und hat vor allem Interesse an Technik, Finanzen und aktuellen Themen. Seine Offenheit gegenüber Werbung ist eher durchschnittlich.
  3. Generation Fun (11 %; 5 Mio.): Eher vorwiegend männlich, jung, noch ohne oder mit mittlerem Schulabschluss und mit eher geringerem Einkommen. Nutzt das Internet privat, sehr oft und engagiert: in Chats, Foren, fremden oder dem eigenen Blog. Er lädt gern Klingeltöne, Filme oder Musik herunter, ist interessiert an Unterhaltung, Technik und Ausbildung sowie an Online-Spielen. Er ist ein technikgläubiger, aufgeschlossener Wortführer, der vor allem in  neuen Medien überdurchschnittlich Offen für Werbung ist.
  4. Lifestyle Network (9 %; 3,88 Mio.): Demographie: Eher weiblich und jünger,  noch ohne oder mit mittleren Schulabschluss und mit eher geringeres Einkommen. Nutzt das Internet etwas unterdurchschnittlich und vor allem zur Information zu Styling und Design, Partnerschaft, Entertainment, Gesundheit und Ausbildung sowie zum Download von Klingeltönen und zum Austausch via Chat oder Online-Foren. Eher kommunikativ, in der Familie und sozial engagiert mit medienübergreifend überdurchschnittlichen Offenheit gegenüber Werbung.
  5. Money Community (3 %; 1,26 Mio.): Eher männlich, höheren Alters, Schulabschlusses und hohen Einkommens. Nutzt das Internet überdurchschnittlich häufig privat und noch stärker beruflich vor allem zum Online-Broking und –Banking. Er ist vor allem an Informationen zu Finanzthemen, Technik und Nachrichten sowie am Download von Filmen, Hörbüchern interessiert. Er interagiert über den eigenen oder über fremde Blogs und in Foren. Er ist  informationsorientierter Wortführer und politisch, sozial oder durch Spenden engagiert und gegenüber  Print- und Internet-Werbung überdurchschnittlich aufgeschlossen.
  6. Web Experts (3 %; 1,21 Mio.): Eher männlich, jünger, noch in der Ausbildung oder auf dem Weg zum höheren Schulabschluss. Nutzt das Internet privat und beruflich überdurchschnittlich, jedoch nicht exzessiv. Interagiert über den eigenen und über fremde Blogs, über Foren und Chats und nutzt Online-Spiele sowie Online-Broking. Er ist interessiert an Finanz- und Lifestyle-Themen, an Nachrichten und  Ausbildung. Er lädt gern Filme, Klingeltöne und Hörbücher herunter. Er ist politisch engagiert, aufgeschlossen, sportlich und durchschnittlich offen gegenüber Werbung, etwas mehr gegenüber Werbe-E-Mails.
  7. Web to go (4 %; 1,6 Mio.): Eher männlich, jünger und noch in der Ausbildung oder auf dem Weg zum höheren Schulabschluss. Er nutzt das Internet privat wie beruflich überdurchschnittlich häufig und sehr intensiv.  Er lädt gern Filme, Klingeltöne und Hörbücher herunter, interagiert über den eigenen und über fremde Blogs, über Foren und Chat. Er ist vor allem an Unterhaltung, Style, Technik und Online-Spielen interessiert sowie an Online-Kreditvergabe und –Banking. Er ist  ein politisch und sozial engagierter Wortführer mit positiver, aufgeschlossener Lebenseinstellung und auch Werbung gegenüber bei allen Medien überdurchschnittlich aufgeschlossen.

Digitale Gesellschaft

Existiert seit: 2009
Aktuelle Fassung: 2010
Grundgesamtheit: deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren (mit Telefon im Haushalt)
Stichprobengröße: 1.014
Befragungsart: CATI
Editor(en): Initiative D21 e.V.
Detailinfo: ➚digitale-gesellschaft.info
Kommentar: Eine sehr gut ausgearbeitete, aktuelle Onliner-Typologie, die jedoch eine relativ geringe Stichprobe aufweist und kaum weiter differenzierte demographische, sozioökonomische, psychologische oder verhaltensbezogene Daten bietet, was die Anwendung auf bestehende Zielgruppen/Anspruchsgruppen der Marketing-Kommunikation praktisch kaum möglich macht.
Nutzertypen:

  1. Digitale Außenseiter (28 %; 18,8 Mio.):  Im Schnitt 64,9 Jahre alt, eher weiblich (65 %), mit eher geringer formaler Bildung, unterdurchschnittlichem Haushaltseinkommen und überwiegend nicht berufstätig (72 %) und mehrheitlich in Zwei-Personen-Haushalten lebend. Zeigen ein stark eingeschränktes digitales Nutzungsmuster mit praktisch keinem Wissen und ohne Kompetenzen hinsichtlich der digitalen Welt.
  2. Gelegenheitsnutzer (28 %; 18,8 Mio.): Im Schnitt 45,4 Jahre alt, mit eher einfacher bis mittlerer formaler Bildung, einem mäßigen Anteil Berufstätiger (55 %) und durchschnittlichem Haushaltseinkommen. Sie leben überwiegend in Partnerschaften oder Familien. Sie Verfügen in der Regel über einen Computer und einen Drucker im Haushalt, nutzen die Möglichkeiten des Internets und von Web 2.0 jedoch nur spärlich – vor allem E-Mail und die allgemeine Internetsuche. Entsprechend sind immerhin Basiskompetenzen in Internetrecherche und Textverarbeitung vorhanden.
  3. Berufsnutzer (7 %; 4,7 Mio.): Im Schnitt 44,8 Jahre alt, eher weiblich (60 %), mit mittlerer und einfacher formaler Bildung, eher beruftätig (75 %) und mit überdurchschnittlichem Haushaltseinkommen. Sie leben überwiegend in Partnerschaften oder Familien. Sie verfügen an ihrem Arbeitsplatz über eine gute digitale Infrastruktur und verbringen zu etwa 80 Prozent aus beruflichen Gründen zwei oder mehr Stunden vor dem Computer. Entsprechend ausgeprägter sind ihre Kompetenzen im Bereich Internet und Computernutzung, beschränken sich jedoch im Wesentlichen auf nützliche Anwendungen wie E-Mail, Textverarbeitung und Internetrecherche.
  4. Trendnutzer (20 %; 14,4 Mio.): Sie sind im Schnitt 36,9 Jahre alt, eher männlich (63 %), mit mittlerer formaler Bildung und einem höheren Schüleranteil (13 %) und haben ein leicht überdurchschnittliches Haushaltseinkommen. Sie leben überwiegend in Familien oder Partnerschaften. Sie sind privat sehr gut mit digitaler Technik ausgestattet und verfügen über einen Internetzugang. Mit 57 Prozent ist die  mobile Internetnutzung stark ausgeprägt. Sie verfügen wenigen Ausnahmen über umfassende Kompetenzen über die digitale Welt.
  5. Digitale Profis (20 %; 14,4 Mio.): Ihr Durchschnittsalter liegt bei 38,4 Jahren, sie sind ehe männlich (62 %), haben eine hohe formale Bildung, einen hohen Anteil Berufstätiger (86 %) und ein hohen Haushaltseinkommen. Sie leben überwiegend in Partnerschaften ohne Kind oder sind Single. Sie verfügen sowohl zu Hause als auch im Büro über eine hervorragende digitale Infrastruktur und haben sich umfangreiche Kompetenzen und professionelle Fähigkeiten angeeignet. Sie haben zu beinahe allen Fachbegriffen eine klare Vorstellung und sind daher im Familien- und Bekanntenkreis als Ratgeber in Sachen digitaler Technik gefragt. Sie nutzen Computer und Internet eher rational als zur Unterhaltung.
  6. Digitale Avantgarde (5 %; 3,4 Mio.): Sie ist durchschnittlich 33,8 Jahre alt, mit  hoher formaler Bildung, eher berufstätig (68 %) und verfügt über ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen. Sie hat die beste digitale Infrastruktur und nutzt das Internet vor allem geschäftlich und auch mobil. Hinsichtlich der Kompetenz in der digitalen Technik bildet diese Nutzergruppe die Spitze der Gesellschaft. Eine Position, die sie sich mit rund zehn Stunden täglicher Arbeit mit dem Computer hart erarbeitet hat.

 

Wie die obige Auswahl von Typologien zeigt, gibt es sehr verschiedene Perspektiven, aus denen heraus sich die Internetnutzer segmentieren lassen und die jeweils eigene Einblicke und Erkenntnisse ermöglichen. Für die Strategieentwicklung in Marketing und Unternehmenskommunikation sind jeweils insbesondere solche Typologien von praktischem Wert, die sich auf die bestehenden Zielgruppen bzw. Anspruchsgruppen projizieren lassen. Wofür sich ein Unternehmen letztlich entscheidet ist letztlich sehr individuell.

Serie: Soziologie und Typologien der Web 2.0-Nutzer im Überblick

Kenntnis der Web 2.0-Phänomene hilft zwar, nützt aber nichts für Marketing und Public Relations (Teil 1 von 7)
Das Social Web lebt von einer Minderheit (Teil 2 von 7)
Nutzertypen im Web 2.0: Wer bloggt ist nicht unbedingt in online Social Networks aktiv (Teil 3 von 7)
Überblick: Internet Nutzertypologien / Web 2.0 Nutzertypologien (Teil 4 von 7)
Methode und Datenquellen der Typologie-Entwicklung ( Teil 5 von 7)
Psychologische Motive der Internetnutzung (Teil 6 von 7)
Soziologie und Typologien der Web 2.0-Nutzer – Zusammenfassung und Ergänzungen (Teil 7 von 7)

Quellenverzeichnis

Bader, J./Heck, S./Pflaum, B./Schröder, R./Werner, T./Westhauser, B./Koch, M./Richter, A. (2008): Ergebnisse des Studienprojektes: Der Einsatz von Social Networking Services im Unternehmenskontext. Universität der Bundeswehr, Fakultät für Informatik Sept. 2008.  ➚Direktlink

Berg, Achim (2011): Soziale Netzwerke in Deutschland. Unterlage zur Biktom Pressekonferenz vom 13. April 2011 in Berlin.  ➚Direktlink

Bernoff, Josh (2010): Social Technographics: Conversationalists get onto the ladder (Blog: Forrester Research/Groundswell; Eintrag vom 19.01.2010)  ➚Direktlink 

Scheidt, Uwe (1999): Chattende Spieler, surfende Infosucher und shoppende Profis. Diplomarbeit. ➚Direktlink

Ullrich, Thomas W. (2011): Web 2.0 Nutzertypologie: Macher, Partizipative, Soziale und passive Zuschauer. Ein Update. Webosoph.de Blogbeitrag vom 26.06.2011  ➚Direktlink 





   Alle Kommentare
  •       Lena Tobler  |  20.12.2011, 17:40 Uhr

    Danke vielmals für die informative Zusammenstellung. Arbeite an einer Masterarbeit und kann daraus sehr viel Nutzen ziehen.
    Lena Tobler

  •       Cennet  |  04.05.2012, 21:45 Uhr

    Sehr geehrter Herr Ullrich,

    zunächst einmal bedanke ich mich bei Ihnen für eine sorgfältige und detaillierte Informationsversorgung. Genau wie meine Vorschreiberin, bin auch ich mit dem Verfassen meiner BA beschäftigt und ziehe meinen Nutzen aus Ihrer Website. In diesem Zusammenhang würde ich gerne die von Ihnen entwickelte Web 2.0 Nutzertypologie für den deutschen Markt zitieren, wenn Sie mir das gestatten.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Cennet E.

    •       Thomas W. Ullrich  |  26.05.2012, 1:00 Uhr

      …Zitate mit Quellenverweis (webosoph.de, Direktlink u. ä.) ist mit Freude gestattet
      Danke und herzliche Grüße
      Thomas W. Ullrich

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